Das addierte Wahlergebnis seit der Bundestagswahl 2009
Das addierte Wahlergebnis seit der Bundestagswahl 2009
Zuletzt vor eineinhalb Jahren habe ich einen Blick auf die Bedeutung der deutschen Parteien auf Basis ihrer Wahlergebnisse geworfen. Fünf Wahlen sind seit dem Spätsommer 2014 vergangen und für knapp 24 Prozent der Bundesbürger wurden neue Vertreter in die Landesparlamente (Hamburg, Bremen, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz) gewählt. Mit dem ersten Wahlsonntag des Jahres 2016 im Rücken ist es daher Zeit, die Ergebnisse etwas aufzufrischen, relevante Entwicklungen im addierten Wahlergebnis aufzuzeigen und wieder gewagte Prognosen abzugeben.

Was gibt es zu den Parteien zu sagen?

  • Die CDU ist Verliererin der letzten Wahlen. In vier von fünf Ländern verliert sie prozentual, in Baden-Württemberg sogar zweistellig. Von 38,0 % auf 37,0 % rutscht sie durch die Ergebnisse der fünf Wahlen im addierten Wahlergebnis. Diesen Abwärtstrend muss sie stoppen, will sie nicht weiterhin Machtoptionen verlieren.
  • Die SPD reiht sich ein. In fünf Wahlen verliert sie vier mal. In Rheinland-Pfalz hilft ihr die populäre Ministerpräsidentin nur zu einem Plus von 0,5 %. Zwei mal sind ihre Verluste zweistellig. Für das addierte Wahlergebnis bedeutet das: von 27,5 % auf 26,6 %. Die letzten 1 1/2 Jahre waren also kein echter Grund zu Freude für die SPD, auch wenn Regierungsämter über diesen Verlust hinwegtäuschen. Zwei mal von der AfD überholt, und in den letzten acht Wahlen vier mal unter 13 %. Die SPD muss sich etwas einfallen lassen.
  • Die GRÜNEN schauen mit gemischten Gefühlen auf die fünf Wahlen zurück. Deutliche Verluste in Bremen und Rheinland-Pfalz, wenig Veränderung in Hamburg und Sachsen-Anhalt und klare Gewinne in Baden-Württemberg. Für das addierte Wahlergebnis bleibt da ein zaghaftes Plus von 10,5 % auf 10,6 %. Was den GRÜNEN Sorge bereiten sollte: Zieht man Kretschmann ab, sähe das deutlich schlechter aus.
  • Für DIE LINKE ging es ebenso durchmischt durch die letzten Wahlen. Drei mal im Plus, zwei mal im Minus. Insgesamt leicht abwärts von 7,5 % auf 7,4 % im addierten Wahlergebnis. Alarmierend die deutlichen Verluste in Sachsen-Anhalt. DIE LINKE ist nur noch in Thüringen über 20 %, die ehemals sichere Basis Neue Länder bröckelt weiter weg.
  • Anders sieht es für die FDP aus. Fünf Wahlen, fünf mal mit Zugewinnen, vier mal im Landtag. Erfolgsgefühle, an die man sich in der Partei nicht mehr wirklich erinnern konnte. Im addierten Wahlergebnis heißt das: Von 5,2 % auf 5,5 %. Die Gefahr für die Partei: Im Spätsommer 2016 macht der Wahlzirkus Station in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin – eher schwieriges Terrain für die Liberalen. Die FDP muss die gute Stimmung für sie über den Jahreswechsel retten und dann mit soliden Wahlkämpfen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen punkten. Dann ist auch im Herbst 2017 wieder alles möglich.
  • Zu den klaren Siegern zählt ohne Zweifel auch die AfD. Nach der Bundestagswahl ist sie bei allen Wahlen auch ins Parlament eingezogen. 24,2 % in Sachsen-Anhalt lassen die Partei besonders jubeln. Auch im addierten Wahlergebnis geht’s von  3,1 % auf 4,8 %. Meine Prognose im September 2014 war in Teilen falsch, in anderen Teilen aber richtig: Hamburg (6,1 %) und Bremen (5,5 %) waren für die Partei keine Selbstläufer und für die weitere Entwicklung eher egal. Die AfD hat das letzte Jahr aber genutzt: Durch den Ausstieg/Rauswurf von Lucke hat sich die Partei innerlich gefestigt und die Migrations- und Asylpolitik und -situation hat ihr ein glaubwürdiges (zweites) Standbein gegeben. Von der Anti-Euro-Partei spricht schon lange niemand mehr. Auch in den Ländern der nächsten fünf Landtagswahlen steht sie momentan gut da. Ihr Meisterstück muss sie aber in 1 1/2 Jahren machen. Dass sich bis dahin einige Fundamente ihres Erfolgs verschieben können, haben die letzten 1 1/2 Jahre gezeigt. Europa- und Landtagswahlen sind ein einfacheres Feld für rechtspopulistische Protestparteien als eine Bundestagswahl. Alleine darauf dürfen sich die anderen Parteien aber nicht verlassen, wenn sie die neue Konkurrenz klein halten wollen.
  • PIRATEN, FREIE WÄHLER und NPD kommen in der Nachwahlberichterstattung zuletzt nicht vor. Zurecht. Die PIRATEN treten in Sachsen-Anhalt erst gar nicht an, in Hamburg und Bremen schaffen sie es immerhin über die Einprozenthürde der Parteienfinanzierung. Bestätigen sich die aktuellen Umfragen, dann ist die Partei nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen 2017 kein Thema mehr für das addierte Wahlergebnis und reiht sich irgendwo zwischen ÖDP, FAMILIE und Tierschutzpartei ein. Aktuell sinkt sie auf 2,8 %.
    Für die FREIEN WÄHLER ist ohnehin nur das Europäische Parlament und der Bayerische Landtag echtes Zielgebiet. Immerhin: In Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz halten sie sich über zwei Prozent. Im addierten Wahlergebnis bleiben sie bei 1,5 %.
    Um die NPD kümmert sich das BVerfG. Die Wähler nicht mehr. In 15 von 17 Wahlen zuletzt verlor die Partei. Bei den letzten fünf Wahlen gelingt ihr nur in Sachsen-Anhalt der Sprung über die Einprozenthürde der Parteienfinanzierung. Im addierten Wahlergebnis liegt sie noch knapp darüber (1,3 % auf 1,2 %). Ob ihr das noch etwas bringen wird entscheidet sich in Karlsruhe.

Eine kleine methodische Anmerkung: Mit neuen Bevölkerungszahlen für 2014 und 2015 haben sich auch rückwirkend die Ergebnisse der Parteien leicht geändert, stimmen also nicht vollständig mit alten Veröffentlichungen überein.

Zwei Sieger, viele Verlierer
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