CDU/CSU: 38,2 %; SPD: 27,5 %; GRÜNE: 10,5 %; LINKE: 7,5 %; FDP: 4,9 %; PIRATEN: 3,0 %; AfD: 3,0 %; FREIE WÄHLER: 1,4 %; NPD: 1,3 %; Sonstige: 2,7 %
Das addierte Wahlergebnis seit 2009

Mit den Landtagswahlen in Sachsen vor zwei Wochen sowie Thüringen und Brandenburg gestern endet das Wahljahr 2014. Knapp 11 % der Bundesbürger wohnen in diesen drei Ländern, das bundesweite addierte Wahlergebnis können diese Länder daher nicht komplett auf den Kopf stellen. Und auch große Umstürze auf den Regierungsbänken der drei Länder bleiben wohl aus: In Sachsen tauscht die CDU wohl ihren verlorengegangenen Juniorpartner gegen einen neuen aus, und in Brandenburg und Thüringen werden Rot-Rot und Schwarz-Rot trotz Verlusten weiter an der Regierung bleiben.

Die Ergebnisse der Parteien

Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Ergebnisse, die neben den üblichen Verschiebungen für einige Parteien existenzgefährdende, -begründende -bestätigende oder -hinterfragende Elemente haben. Aber fangen wir von oben an:

  • Die CDU verliert leicht in Sachsen und gewinnt in Thüringen und Brandenburg erkennbar hinzu. In allen drei Ländern konnte sie früher zwar schon bessere Ergebnisse einfahren, dennoch kann der leichte Aufwärtstrend die CDU beruhigen. Im addierten Wahlergebnis bedeutet das für CDU/CSU ein Plus unterhalb der Rundungsgrenze: 38,2 %.
  • Für die SPD sieht es anders aus: Leichte Zugewinn in Sachsen und leichte Verluste in Brandenburg werden von deutlichen Verlusten in Thüringen überschattet. in Sachsen und Thüringen bleibt ihr nur die ungeliebte Mittelposition zwischen CDU und der LINKEN – eine 15-%-Partei, wenn es mal besser läuft. In Brandenburg zeigt sie aber, dass sie auch im Osten zur Volkspartei taugen kann. Für das addierte Wahlergebnis bleibt ein Verlust (-0,1 %) auf 27,5 %.
  • Für die GRÜNEN ist der Ausgang der drei Wahlen positiv, zwar gibt es keine großen Zugewinne, aber alleine die Tatsache, dass sie sich in allen drei Ländern stabil über der Fünfprozenthürde hält, ist erwähnenswert und war von 1994 bis vor 2009 eine Seltenheit. Im addierte Wahlergebnis bleibt die Partei daher auch stabil bei 10,5 %.
  • Für die LINKE hätte der Spätsommer besser laufen können – wenn es in Thüringen nicht doch noch zu einer Rot-Rot-Grünen Regierung kommt. Ihre Wahlergebnisse sind ernüchternd: In Thüringen fährt sie ihr bestes bisheriges Ergebnis ein, ohne den Bodo Ramelow als Ministerpräsidenten wird ihr das aber nicht viel nutzen. In Sachsen und Brandenburg dagegen gibt es leichte bis deutliche Verluste. Die ehemals sichere Bank „neue Länder“ gibt es demnach für die LINKE nicht mehr. Das zeigt sich auch im addierten Wahlergebnis, wo sie weiter auf ihren Tiefstand seit 2008 auf 7,5 % abrutscht (-0,1 %).
  • Keine positiven Signale gibt es für die FDP. Die waren aber auch nicht zu erwarten. Die hohen Ergebnisse in den drei Ländern im Jahr 2009 waren wohl eher Auswirkungen des Bundestrends und weniger die Stärke im Land. Wie bei acht von neun Wahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen in den Jahren 1994 bis 2004 scheitert die FDP klar an der Sperrklausel. Diese Linie unterschreitet sie nun auch im addierten Wahlergebnis: Mit 4,9 % liegt sie nochmal 0,3 Prozentpunkte unter dem Wert nach der Bundestagswahl. So niedrig stand sie im vereinten Deutschland noch nie.
  • Die Analyse der PIRATEN-Ergebnisse kann knapp ausfallen: Ihre Zeit ist vorbei. Zwar rettet sie sich in allen drei Ländern über 1 % und erhält somit Geld aus dem Staatshaushalt, zu mehr reicht es aber eben nicht. Im addierten Wahlergebnis verharrt sie bei 3,0 %.
  • Anders steht es um die AfD. Sie ist die Gewinnerin des Wahlspätsommers. Dreimal aus dem Stand klar im Landtag, nur in Sachsen nicht über 10 %. Das zeigt sich auch im addierten Wahlergebnis. Wegen ihres guten Werts aus der Bundestagswahl zieht die AfD direkt mit den PIRATEN gleich. Mit dem Einzug in ein Landesparlament ist sie als Partei mit bundesweitem Anspruch nun auch für das addierte Wahlergebnis relevant. Ihr Wert: 3,0 %.
  • Für die FREIEN WÄHLER gehören die drei Länder sicher nicht zu den Kerngebieten. In Brandenburg waren sie nicht angetreten – dagegen zieht mit den BVB / FREIEN WÄHLERN eine konkurrierende Freie-Wähler-Gruppierung über die Grundmandatsklausel in den Landtag ein. In Thüringen und Sachsen reichen die Ergebnisse aber immerhin zur Sicherung der staatlichen Parteienfinanzierung. Im addierten Wahlergebnis bleibt sie daher unverändert bei 1,4 %.
  • Für die NPD stehen in allen drei Ländern Verluste auf der Abrechnung. In Sachsen fällt sie sogar aus dem Landtag. Im addierten Wahlergebnis sind diese Verluste nur marginal abgebildet: Die NPD bleibt bei 1,3 %.

AfD: Strohfeuer oder neue etablierte Partei im Parteiensytem?

Von den drei Wahlen wird wohl der dreifache Einzug der AfD in die Parlamente in Erinnerung bleiben. Aus dem Stand schafft die Partei dreimal locker den Einzug, zieht in allen drei Ländern an den GRÜNEN vorbei und kommt in Thüringen und Sachsen sogar der SPD sehr nahe. Ein Signal an die größeren Parteien ist das allemal. Dabei stärkte der Erfolg in Sachsen für die beiden anderen Wahlen den Rücken. Nur so lassen sich dort die hohen Zugewinne auch gegenüber den letzten Umfragen erklären. Aber etabliert sich hier eine neue Partei, die auch in anderen Bundesländern und im Bund eine große Rolle spielen wird, oder bleibt es bei einem Strohfeuer und die AfD folgt den PIRATEN in das 1-bis-2-%-Nirvana?

Ein kurzer Blick zurück: Bei der Bundestagswahl 2013 erreichte die AfD beachtliche 4,7 % der Stimmen. Ihr bestes Landesergebnis damals: 6,8 % in Sachsen, gefolgt von Thüringen (6,2 %) und Brandenburg (6,0 %). Nach der erfolgreichen Europawahl waren diese drei Länder aus Sicht der AfD daher auch die besten, die anstehen konnten.

Nun kommen aber harte Zeiten auf die AfD zu: Nur an Position 13 (4,2 %) stand bei ihr zur Bundestagswahl die Freie und Hansestadt Hamburg, deren Bürgerschaft am 15. Februar gewählt wird. Noch schlechter steht im parteiinternen Ranking Freie Hansestadt Bremen (Platz 15, 3,7 %), in der am 10. Mai die Wahllokale offen sind. Mit zusammen nur 3 % der Bundesbürger stehen beide Stadtstaaten auch nicht unbedingt für ein Signal an die bundesrepublikanische Politik zur Verfügung. Selbst wenn die AfD ihre Sympathien bis dahin halten kann, würden Wahlsiege dort wenig Strahlkraft besitzen.

Bis zu den nächsten größeren Wahlen (Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz) im Frühjahr 2016 vergehen nun 1 1/2 Jahre. 18 Monate, in denen die Partei sich innerlich festigen muss, in denen sie sich neben der Euro-Kritik andere glaubwürdige Programm-Standpunkte aufbauen und Mitglieder mit fragwürdigen Einstellungen zum Grundgesetz aus ihren Reihen aussortieren muss.

Gerne wird an dieser Stelle der Vergleich zu den PIRATEN, die im Mai 2012 in bundesweiten Umfragen auch bei 11 % lagen und in die Landesparlamente gestürmt sind. Aber: Die AfD ist nicht die Piratenpartei. Zwei wesentliche Gründe für den Niedergang der PIRATEN waren sicherlich die chaotische Personalsituation 2012/2013 und das ohnehin schon engmaschige Parteienspektrum in der Region SPD-LINKE-GRÜNE-PIRATEN. Mit beidem muss die AfD nicht kämpfen. Dennoch meine Prognose: CDU/CSU werden die AfD programmatisch in die Enge treiben und ihre Themen eingrenzen. Der Wahlkalender spricht auch gegen die AfD. Die AfD also nur ein Strohfeuer? Nein, dazu ist ihre Führung zu charismatisch und gefestigt und ihre Themen sind zu substanziell. Aber zu einem echten Feuer reicht es eben auf Dauer auch nicht. Die Wahlerfolge in Sachsen, Brandenburg und Thüringen waren für die AfD vorerst die letzten außerhalb eines Stadtstaates.

Nur ein Strohfeuer?
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